Lokal gezüchtete Heuschrecken für mehr Nachhaltigkeit auf Hühnerfarmen
Die Weltbevölkerung wächst – und damit ihr Proteinbedarf. Diesen zu decken, wird immer anspruchsvoller. Insekten als nachhaltige Proteinquelle gelten dabei als aussichtsreich. Das Aargauer Jungunternehmen SmartBreed züchtet diese vollautomatisch direkt auf landwirtschaftlichen Betrieben, wo sie als proteinreiches Futter dienen. Die Klimastiftung Schweiz unterstützt das Projekt.
Von Christoph Bertschi, SmartBreed
Es hört sich beinahe abgedroschen an, doch auch diese zukunftsweisende Idee hat ihren Ursprung in einer Garage. Zwar befindet sich diese nicht im sonnigen Kalifornien, sondern im aargauischen Zufikon. Doch auch hier wurde eine technische Innovation entwickelt, die es in sich hat: ein smarter «Brutkasten», in dem Heuschrecken mittels Sensoren-Technologie vollautomatisch und ohne Aufwand gezüchtet werden können. Sobald diese ausgereift sind, warten hungrige Legehennen auf die Proteinsnacks.
Und weil Hühner Insekten im Allgemeinen und Heuschrecken ganz besonders lieben – bestehen diese doch aus reichlich tierischem Protein und enthalten wertvolles Chitin – können die landwirtschaftlichen Betriebe auf ein Futtermittel verzichten, das in den letzten Jahren nicht umsonst viel Kritik auf sich gezogen hat: Soja. Über 80 Prozent dieser eiweissreichen Bohnen, welche die Schweiz importiert, kommen in der Tierfütterung zum Einsatz. Der weitaus überwiegende Teil davon stammt aus Ländern wie Brasilien oder Argentinien. Für ihren Anbau müssen Regenwälder weichen und für ihren Transport werden zusätzlich grosse Mengen an CO2 freigesetzt.
Die Köpfe hinter SmartBreed: Adrian, Christoph und Patrik Bertschi.
Aus Abfall wird Insektenfutter
In der Schweiz heimische Heuschrecken hingegen können lokal gezüchtet werden. Zudem fressen die sprunggewaltigen Insekten Schweizer Nebenprodukte, die aufgrund ihres hohen Faseranteils nicht an andere Tiere verfüttert werden können. So können Heuschrecken z.B. Trester (Rückstände aus der Saftproduktion) aufspalten und verdauen und sind somit bestens geeignet, um Abfälle direkt auf dem Bauernhof in proteinreiches Futter zu verwandeln und damit aufzuwerten. Ein solches «Upcycling» trägt zur Nachhaltigkeit in der Landwirtschaft bei.
Darüber hinaus deuten erste Beobachtungen darauf hin, dass Heuschrecken zu einer artgerechten Ernährung der Legehennen beitragen, deren Verdauung fördern und ihr Immunsystem stärken. Zudem regen sie den Jagdtrieb an: Die Hennen rennen den Heuschrecken nach, suchen und scharren nach ihnen – und sind so über Stunden aktiv. Diese Ablenkung führt zu einer Reduktion des Feder- und Zehenpickens, dem sich Hühner häufig aus Langeweile hingeben. Dadurch kommt es immer wieder zu Ausfällen auf den Betrieben.
Effekte von Insekten auf Tierwohl und Eierqualität werden untersucht
Wie stark sich durch die Verfütterung von Heuschrecken das Tierwohl auf Hühnerfarmen verbessern lässt, ist Gegenstand einer Studie, die SmartBreed derzeit in einem Konsortium mit Partnern der Fachhochschule Nordwestschweiz, der Berner Fachhochschule und dem Switzerland Innovation Park Biel/Bienne AG durchführt. Diese wird von Innosuisse gefördert. Analysiert wird ausserdem, wie die Zuchtboxen weiter optimiert und mit einer selbstlernenden Kameratechnik ausgestattet werden können, um den Wachstumsprozess der Heuschrecken zu überwachen. Und schliesslich richtet sich ein weiteres Augenmerk auf die Frage, welche lokal anfallenden Agrarnebenprodukte sich am besten als Heuschreckenfutter eignen.
In assoziierten Projekten wird zudem berechnet, wie viel Treibhausgase sich einsparen liessen, wenn in der Tierfütterung importiertes Soja vermehrt durch Heuschrecken ersetzt würde. Zudem haben erste Analysen gezeigt, dass sich dadurch auch die Eierqualität verbessern lässt – dies soll nun weiter untersucht werden.
Über die Klimastiftung Schweiz
«Von der Wirtschaft für die Wirtschaft und fürs Klima». Nach diesem Prinzip unterstützt die Klimastiftung Schweiz Projekte kleiner und mittlerer Unternehmen (KMU), die einen Beitrag zum Klimaschutz leisten. Die Stiftung hat seit ihrer Gründung im Jahr 2008 Fördergelder in der Höhe von 33 Millionen Franken für über 2'100 KMU in der Schweiz und im Fürstentum Liechtenstein gesprochen.
Die Klimastiftung Schweiz wurde als gemeinnützige, unabhängige Stiftung gegründet. Sie ist unter Bundesaufsicht und steht interessierten Firmen offen, die durch einen effizienten und gezielten Einsatz der Rückverteilung aus der CO2-Lenkungsabgabe den Klimaschutz verstärken wollen.
Seit Januar 2008 verlangt das CO2-Gesetz eine Abgabe auf Brennstoffe. Ein Teil der Abgaben fliesst zurück an die Wirtschaft. Vor allem grosse Dienstleistungsunternehmen erhalten mehr zurück, als sie bezahlt haben. Diese «Netto-Rückverteilung» setzen die Partnerfirmen der Klimastiftung Schweiz für Klimaschutzmassnahmen von Schweizer und Liechtensteiner KMU ein.